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Krankheit Alkoholismus ‑ Warum Alkohol abhängig macht

In Deutschland sind schätzungsweise 4,3 Millionen Menschen alkoholabhängig. Weitere fünf Millionen konsumieren Alkohol in einer suchtgefährdenden Menge. Kein Wunder, schließlich ist die Einnahme dieser Droge in unserer Gesellschaft selbstverständlich. Ob auf Partys, im Restaurant oder bei einem guten Abendessen in den eigenen vier Wänden: Alkohol gehört einfach dazu.

Professionelle Hilfe notwendig

Gegen gelegentlichen Alkoholkonsum ist an und für sich auch nichts einzuwenden ‑ doch das Abrutschen in die Abhängigkeit geschieht schleichend. Trinken um Erleichterung zu erfahren, heimliches Trinken, dauerndes Denken an Alkohol, Gedächtnislücken oder aggressives Verhalten sind erste Anzeichen der Sucht. Irgendwann wird Trinken zur Besessenheit und der Alkoholabhängige braucht professionelle Hilfe, um von seiner Obsession wieder loszukommen.

Konsequenzen für den Körper

Wie viel vertragen Männer und Frauen?

Fast jeder trinkt Alkohol. Doch macht das tägliche Feierabendbier schon süchtig und den Körper krank? Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt für Männer eine maximale Obergrenze von 20 bis 24 Gramm reinen Alkohol pro Tag. Das entspricht etwa einem halben Liter Bier, also zwei kleinen Gläsern. Frauen vertragen aufgrund ihrer körperlichen Konstitution weniger Alkohol als Männer. Bei ihnen gilt als maximale Alkoholobergrenze: 10 bis 12 Gramm, das sind etwa 125 Milliliter Wein ‑ ein Glas also. Es ist übrigens für den Körper wesentlich gesünder, die empfohlene Dosis tatsächlich täglich zu trinken und nicht etwa nur einmal die Woche die siebenfache Menge.

Risiko Leberzirrhose und Krebs

Bei einer höheren Menge an Alkohol steigen die Risiken: Wer zum Beispiel täglich 40 bis 60 Gramm konsumiert, was fünf Gläsern Wein oder sieben Gläsern Bier entspricht, erhöht das Risiko für eine Leberzirrhose um das Sechsfache. Erhöht man den Alkoholkonsum auf 100 Gramm täglich, steigt das Risiko um das 13‑fache für Krebskrankheiten an sämtlichen Organen von Bauchspeicheldrüse bis Mund‑, Rachenraum‑ und Speiseröhrenkrebs. Zudem sind Herzerkrankungen vorprogrammiert.

Phasen der Sucht

Ob und wann man abhängig wird, hängt auch mit der Persönlichkeit des jeweiligen Menschen zusammen. Der Weg in die Sucht dauert oft mehrere Jahre. Genauso lange kann es dauern, bis sich ein Alkoholiker eingesteht, dass er krank ist.

Professor Jellinek, einer der Pioniere der Alkoholforschung, unterteilt den Alkoholismus in vier Phasen:

A. Voralkoholische Phase

,Im Gegensatz zum durchschnittlichen Gesellschaftstrinker empfindet der künftige Alkoholiker eine befriedigende Erleichterung beim Trinken. Nach einer bestimmten Zeit des Trinkens wird eine Erhöhung der Alkoholtoleranz festgestellt, das heißt, der Trinker braucht zum Erreichen des gewünschten euphorischen Stadiums eine größere Menge Alkohol als früher. Die Häufigkeit des Trinkens nimmt zu es erscheint jedoch weder seinen Angehörigen, Freunden noch ihm selbst verdächtig.

B. Anfangsphase»

Bestimmte Anzeichen werfen den Schatten der Alkoholsucht voraus. Dazu zählen unter anderem plötzlich auftretende Gedächtnislücken, heimliches und gieriges Trinken, dauerndes Denken an Alkohol, Schuldgefühle wegen dieser Art und Weise zu trinken und daraus resultierendes Vermeiden von Anspielungen auf Alkohol.

C. Kritische Phase

In dieser Phase ist das Verlangen nach Alkohol unwiderstehlich. Der Trinker muss zwar nicht täglich trinken, aber hat er einmal angefangen, verliert er die Kontrolle über die Menge. Weitere Merkmale dieser Phase sind unter anderem: Rechtfertigungen für seinen Alkoholkonsum, auffällig aggressives Benehmen, dauerndes Schuldgefühl, Fallenlassen von Freunden und Verlassen / Wechsel des Arbeitsplatzes sowie Änderungen im Familienleben, Anlegen größerer Alkoholvorräte, erste organische Schäden und regelmäßiges morgendliches Trinken.

D. Chronische Phase

Der Trinker trinkt jetzt auch am helllichten Tag, befindet sich oft tagelang im Rauschzustand und wird gleichgültig gegenüber seiner Umwelt. Das Denken ist beeinträchtigt, erste alkoholische Psychosen (Halluzinationen), anhaltendes Zittern, Depressionen und organische Nervenschäden (Kribbeln und Taubheitsgefühle) treten auf. Das Trinken wird zur Besessenheit. Nach mehreren seelischen Zusammenbrüchen (auch Selbstmordversuchen) kann die Alkoholkarriere im Delirium enden (meist beim Entzug). Neben hochgradiger Verwirrtheit und Wahnideen. ist eine regelmäßige Zerstörung der Gehirnzellen die Folge.

Wirkungen und Folgen von Alkoholkonsum

Alkohol wird über die Schleimhaut des Verdauungstraktes ins Blut aufgenommen. Im Magen wird die Aufnahmegeschwindigkeit durch die verzehrten Nahrungsmittel beeinflusst. Über das Blut wird der Alkohol im gesamten Körper bis in die Körperwasser der Gewebe verteilt. Etwa 30 bis 60 Minuten nach der Alkoholaufnahme wird die höchste Blutalkoholkonzentration erreicht. Zwei bis fünf Prozent des Alkohols werden über Atemluft, Schweiß und Urin ausgeschieden, während der Hauptabbau über die Leber erfolgt. Abhängig von verschiedenen individuellen Faktoren beträgt die Abbauzeit beim Menschen etwa 0,1 bis 0,2 Promille stündlich.

Einfluss auf Informationsübertragung im Gehirn

Über das Blut gelangt der Alkohol ins Gehirn, wo er die Informationsübertragung der Nervenzellen beeinflusst, indem er bei einer geringen Dosierung stimulierend, bei mittleren und höheren Dosierungen jedoch hemmend wirkt. Abhängig von der Dosis wird hierbei der Neurotransmitter Dopamin freigesetzt, dem man ‑ ähnlich wie bei anderen Suchtmitteln wie Heroin, Nikotin oder Kokain –die belohende Wirkung des Alkohols zuschreibt. Bei langfristig erhöhtem Alkoholkonsum verändern sich bestimmte Rezeptoren hinsichtlich der Anzahl und ihrer Wirkungsweise. Hierdurch entstehen bei einem abrupten Absetzen der Substanz massive Fehlregulationen, auf die beispielsweise die auftretenden Entzugserscheinungen zurückzuführen sind.

Akute Risiken

Akute Risiken des Alkoholkonsums ergeben sich vor allem aus der Beeinträchtigung der Konzentrations‑ und Reaktionsfähigkeit, der Wahrnehmung und der Urteilskraft. Dies kann bereits bei geringen Alkoholmengen der Fall sein.

Hieraus ergibt sich eine erhöhte Unfallgefahr, die insbesondere im Straßenverkehr meist schwerwiegende, wenn nicht gar tödliche Folgen für Konsumenten und Unbeteiligte haben kann. Darüber hinaus kommt es infolge erhöhten Alkoholkonsums häufig zu Aggression und Gewalt. Nicht umsonst wird der Großteil aggressiver Straftaten unter Alkoholeinfluss begangen.

Körperliche Folgen

Da der Alkohol durch das Blut über den ganzen Körper verteilt wird, kommt es bei regelmäßig erhöhtem Konsum in praktisch allen Geweben zu Zellschädigungen. Zu den zahlreichen Organschäden infolge eines chronisch erhöhten Alkoholkonsums gehören vor allem Veränderungen der Leber (Fettleber, Leberentzündung, Leberzirrhose), der Bauchspeicheldrüse, des Herzens (Erweiterung des Herzmuskels) sowie des zentralen und peripheren Nervensystems (Hirnatrophie, Polyneuropathie) und der Muskulatur (Muskelatrophie). Forschungen zu den langfristigen Effekten von Alkohol belegen darüber hinaus, dass bei langfristigem massiven Alkoholkonsum ein erhöhtes Krebsrisiko besteht (Mund‑, Rachen‑, Speiseröhrenkrebs und bei Frauen Brustkrebs).

Entzugserscheinungen

Ein abruptes Absetzen des Alkohols kann gefährliche Entzugserscheinungen zur Folge haben. Aufgrund der Veränderungen des Nervensystems können diese bis hin zu zentralnervösen Krampfanfällen und zum Delirium tremens führen. Dabei treten Orientierungsverlust und Bewusstseinsstörungen ein, die häufig von beängstigenden Halluzinationen begleitet werden. Hinzu kommen starke vegetative Entzugserscheinungen wie Schwitzen, erhöhter Puls und Blutdruck sowie Unruhe und Angstzustände.

Psychische Folgen

Im Verlauf eines länger dauernden Alkoholmissbrauchs oder einer Alkoholabhängigkeit kann es auch zu psychischen Beeinträchtigungen kommen, die sich beispielsweise in häufigen Stimmungsschwankungen, Angstzuständen, Depressionen bis hin zu einer Suizidgefährdung bemerkbar machen können.

Soziale Folgen

Neben den körperlichen und psychischen Folgen zieht ein chronisch erhöhter Alkoholkonsum häufig auch nachhaltige Veränderungen des gesamten sozialen Umfeldes nach sich: Ehen oder Beziehungen zerbrechen, der Arbeitsplatz geht verloren. Besonders betroffen hiervon sind meist die Kinder von Alkoholkranken. Im Schnitt reduziert sich die Lebenserwartung eines alkoholkranken Menschen um rund zwölf Jahre.

Entzug und Therapie

Alkoholismus ist eine schwere Krankheit. Deshalb muss die Therapie auch sehr intensiv sein. Sie besteht aus der Entzugsbehandlung und der Entwöhnung. Ihre Dauer sollte mindestens ein Jahr betragen. Die häufigen Rückfälle von Alkoholkranken sind sicherlich vielfach auf zu kurze Therapien zurückzuführen.

Für die Motivation der Patienten sind 3 Punkte wichtig,

1. Der Patient muss sich über die Schwere der Erkrankung klar sein.

2. Er muss über die Möglichkeiten der Behandlung Bescheid wissen.

3. Es müssen Behandlungsplätze verfügbar sein.

Die Therapie eines alkoholkranken Patienten besteht aus mehreren Phasen:

Kontaktphase

Die Kontaktphase ist jene Zeit, in welcher der Patient aufgrund einer somatischen, psychischen oder sozialen Krise sein Alkoholproblem nicht mehr verdrängen kann. Es kommt zum Zusammenbruch der Abwehr und somit zu einem Bewusstwerden der Alkoholproblematik. In dieser Phase kommt es meist zu Kontakten mit professionellen Helfern.

Entzug

Die Entzugsymptome entstehen dadurch, dass der Alkohol, der zuvor auf das zentrale Nervensystem eine hemmende Wirkung ausgeübt hat, nun plötzlich wegfällt. Die Folge: Das gesamte zentrale Nervensystem ist übererregt. Auf motorischer Ebene äußert sich das durch Zittern und Unruhe sowie ein leichteres Auslösen von Reflexen bis hin zu einem epileptischen Anfall. Auf der vegetativen Ebene zeigt sich eine deutliche Neigung zum Schwitzen, Bluthochdruck, eine erhöhte Atem‑ und Herzfrequenz. Auf der Wahrnehmungsebene kann es gar zu Halluzinationen kommen.

Entwöhnungsphase

Im Rahmen der Entwöhnung soll der Patient lernen, die im Alltag anfallenden Probleme mit neuen Bewältigungsstrategien zu meistern. Dies erfolgt einerseits in Einzelgesprächen, anderseits auch in Gruppen und mithilfe psychotherapeutischer Verfahren. An die stationäre Behandlung schließt sich eine Nachbetreuung an, die zumindest ein Jahr dauern soll.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient nach einem Jahr noch abstinent ist, steigt bei einer langfristigen Behandlungsmethode auf mehr als 50 Prozent an.

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