Die Anfänge unserer Gruppe gehen in das Jahr 1980 zurück, als Robert Tempelmeier nach einer sechswöchigen Entwöhnungskur in Köthenwald erkannte, dass auch nach einer Therapie noch etwas erforderlich war, um dauerhaft trocken bleiben zu können.

Mit vier Gleichgesinnten traf man sich daher zunächst noch in Cafés und Restaurants, bis Robert nach einigen Anstrengungen ein offenes Ohr bei der Gemeinde Wedemark fand und dem zunächst noch kleinen Häuflein ein Raum im Amtshaus Bissendorf für regelmäßige Treffen zur Verfügung gestellt wurde.

Mit Unterstützung besonders der Lebensberatungsstelle unter ihrem damaligen Leiter Werner Wessel, aber auch durch die örtlichen Medien, die durch Anzeigenschaltung publik machten, dass es in der Wedemark eine Stelle gab, an die sich Betroffene und Angehörige wenden konnten, bekam das Entstehen der Gruppe langsam Form, und im Jahr 1982 war es dann soweit: die Freie Selbsthilfegruppe Bissendorf war als Selbsthilfegruppe für Betroffene und Angehörige bei Alkohol- und anderen Suchtkrankheiten gegründet.

Mit wachsendem Bekanntheitsgrad wurde auch der Zulauf immer größer, aber die neuen Mitglieder waren natürlich meist noch "nasse", d.h. hatten noch getrunken oder waren erst ganz kurze Zeit überhaupt alkoholfrei, und wenn auch anfangs die wöchentlichen Gruppentreffen zum Trockenbleiben für die Mitglieder ausreichten, waren nun häufig Besuche bei Betroffenen, zuhause oder im Krankenhaus, Vermittlung in Therapien, die Vorbereitung einer entsprechenden Nachsorge erforderlich - viele Telefonate, viel Schriftverkehr und viele Fahrten mit dem Auto. Erfreulicherweise wuchs mit dem Arbeitsaufkommen aber auch die Anerkennung von Roberts Arbeit in der Öffentlichkeit, so dass die steigenden finanziellen Aufwendungen nun bald über Spenden seitens der Gemeinde, vom Ortsrat, von Krankenkassen, ja sogar von Vereinen, die Überschüsse nicht für sich selbst benötigten, bestritten werden konnten.

In diese Anfangszeit fiel auch Roberts Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer, so dass das Rüstzeug zur ordentlichen Führung einer Selbsthilfegruppe jetzt Bestand hatte - und wie nötig das war, zeigten die Folgejahre. Die stetig wachsenden Teilnehmerzahlen machten im Jahr 1989 die Unterteilung in zwei Gruppen notwendig, zur Zeit des zehnjährigen Bestehens im Jahre 1992 zählte man sogar 55 Gruppenmitglieder, für die bald die Einrichtung von vier Gruppen erforderlich war.

Im Jahr 1996 wurde Robert für sein unablässiges Engagement in der Suchtkrankenarbeit das Bundesverdienstkreuz verliehen. Zur Würdigung seines Lebenswerkes führt der Schriftzug unserer Gruppe seitdem den Zusatz „Gegründet 1982 von Robert Tempelmeier“. Wenig später zwangen Robert die Auswirkungen einer schweren Krankheit, seine Tätigkeit zunächst erheblich zu reduzieren, im Jahre 1997 sogar, die Gruppenleitung in andere Hände zu übergeben. Aber auch dann stand Robert uns mit seiner Erfahrung, mit Rat und im Rahmen seiner jetzt rasch schwindenden Kräfte auch mit Tat zur Seite, bis wir im Sommer des Jahres 2000 für immer von ihm Abschied nehmen mussten. Bereits Ende 1999 hatte etwa die Hälfte der damaligen Gruppenteilnehmer beschlossen, künftig einen anderen Weg als wir zu gehen, und sich von unserer Gruppe getrennt. Seitdem führen wir Roberts Lebenswerk nach Kräften und stets in seinem Sinne fort, wobei uns Roberts Frau Ingrid bis zu ihrem Tod eine tatkräftige Unterstützung gab.

Unsere Gruppe verfügt über vier Suchtkrankenhelferinnen und –helfer. Wir halten uns damit für gut qualifiziert, um die mit der Suchtkrankenarbeit einhergehenden Aufgaben bewältigen zu können, und vertiefen das noch durch Seminare und anderen Weiterbildungsmaßnahmen.

Unseren Aufgabenbereich sehen wir in erster Linie in der Arbeit gegen Suchtkrankheiten, insbesondere der Alkoholkrankheit. Die Ziele für Betroffene lauten: trocken werden, trocken bleiben, trocken zufrieden leben können; das Ziel für Angehörige besteht nach der Auseinandersetzung mit dem Problem des betroffenen Partners/Familienmitglieds/Freundes ebenfalls darin, zufrieden leben zu können. Die Arbeit der Selbsthilfegruppe umfasst Prävention, Vermittlung von Therapien, Erfahrungsaustausch und Nachsorge in den Gruppenabenden, die jeden Montagabend in der Zeit von 19.00-21.00 Uhr in den Nebenräumen der Mehrzweckhalle Bissendorf stattfinden. Diese und weitere Informationen über unsere Konzepte haben wir auch in unseren Broschüren, sowie auf dieser Internetseite zusammengestellt.

 

Über 30 Jahre Freie Selbsthilfegruppe Bissendorf, eine lange Zeit mit vielen Erfolgen, aber auch vielen Misserfolgen. So konnten wir im September 2012 in einer kleinen Feierstunde mit Vertretern aus Politik, Verbänden und benachbarten Gruppen das 30 jährige Bestehen unserer Selbsthilfegruppe gebührend feiern. Es gibt Unternehmen, Firmen und Vereine, die nicht so lange Bestand haben. Wir könnten aus dieser Zeit noch von manch fröhlicher oder lustiger Begebenheit berichten, dürfte dann aber einige enttäuschende und traurige, gelegentlich sogar tragische Ereignisse nicht auslassen. Die Arbeit in einer Selbsthilfegruppe für Abhängigkeitskranke bringt naturgemäß beides mit sich. Wir denken, wir dürfen heute einigermaßen stolz auf diesen langen Weg zurückblicken, ohne einzelne Ereignisse herauszugreifen, ehe wir uns dann wieder den Dingen zuwenden, die auf uns zukommen  das tun, wovon einer unserer Gruppenteilnehmer einmal gesagt hat: „Hier schöpfen wir die Kraft, die wir in dem oft so schweren Kampf gegen unsere Krankheit dringend benötigen“.